Alex Schütte

Der dreckige Job der Industrie

von Gastautor

Wurden früher noch Teamangler vom Hersteller unterstützt, hat sich heute der Spieß oft umgedreht und der so genannte Supporter unterstütz die Marke. Kein guter Trend findet Raubfisch-Guide Alex Schütte in seinem Kommentar.

Die Angelgerätehersteller haben in den vergangenen Jahren Sponsoren-Budgets stark gekürzt. Teamangler sind daher selten geworden und so mancher „Profi“ geht wie ein Wanderpokal auf der Suche nach einem neuen Sponsor in der Industrie umher. Jetzt wird mit billiger Werbung, den Supportern/Ambassadoren, Geld gemacht. Der Spieß hat sich komplett umgedreht. Haben früher die Firmen ihre Teamangler mit einem jährlichen Kontingent an Ausrüstung unterstützt, so unterstützen jetzt die Supporter, was der Name schon verrät, die Firmen und bekommen dafür ein paar Prozente Rabatt beim Einkauf. Das bedeutet keine Budget-Ausgaben und zugleich Umsatzsteigerung direkt durch den Supporter und seine Freunde sowie Kollegen. Eine absolute Win-Win-Situation, allerdings leider nur für die Industrie. Es geht sogar soweit, dass Firmen ihre „Unterstützer“ nach Postleitzahl aussuchen, um möglichst große Gebiete abzudecken und viele Kunden zu erreichen. Das ist natürlich billige Werbung für die Industrie. Die neuenSupporter/Ambassadors freuen sich, dass sie sich so nennen dürfen und zu einer Marke dazugehören. Verträge gibt es meistens auch keine, vielmehr müssen sie sich selbst bei den Firmen einkaufen. So eine „Markenobsession“ führt oft zu Streitigkeiten im Freundes- oder Fischerkreis. Ähnlich wie das Big-Fish-Syndrom, bei dem nur noch große Fische und die Zentimeter zählen. Jeder fühlt sich so als Oberfischer, einer besser als der andere – aber das hat nichts mehr mit Fischen zu tun!

Selbstdarstellung statt Erleben bei „Youtube-Fame-Bitches“

Ebenso wenig haben diese Youtube-Fame-Bitches mit Fischen zu tun, bei denen es mehr um Selbstdarstellung, als um das Erlebte geht. Einer cooler als der andere vor der Kamera und im wahren Leben absolute Schlaftabletten und Nicht-Fischer. (hier eine redaktionelle Einschätzung der Angel-Youtuber-Szene von Fisch Ahoi)

Ich würde mir wirklich mehr Gemeinschaft beim Fischen wünschen. Dass sich jeder auch über den Fisch seines Nachbarn freuen kann. Ich bin auch ein paar Jahre als professioneller Skate-und Snowboarder unterwegs gewesen. Klar waren wir irgendwo Kontrahenten, aber wir waren auch eine gute Gemeinschaft – das vermisse ich beim Fischen einfach!

ZUR PERSON
Alex Schütte ist seit 15 Jahren Guide für Raubfischtouren in der Alpenregion (D-A-CH-Raum) sowie in Italien am Po. (Alpside-fishing)
Instagram: alpside.fishing
Er war drei Jahre Teamangler bei Daiwa-Cormoran.


Titelfoto: Alex Schütte