Influencer

Influencer: Angeln auf Monster und Likes

von Gunnar Zlöbl

Wer auf Youtube oder Instagram hohe Reichweiten hat, gilt als Influencer. Längst setzen Firmen auf diese ­digitalen Promis und bewerben so ihre Produkte.

Influencer sind im Beauty- und Lifestyle-Bereich oder in der Gaming-Szene weit bekannt: Personen, die auf ihren sozialen Netzwerken ein hohes Ansehen genießen und damit optimale Träger für zielgruppengerechte Werbung und Vermarktung darstellen. Aber auch im Angelbereich gibt es einflussreiche Onlinekanäle, die zu Hauptakteuren in den Marketingplänen von Herstellern, Gewässerbetreibern und Dienstleistern geworden sind. Wer Boilie, Gummifisch und sonstiges Angelequipment erfolgreich vertreiben will, kommt kaum mehr um Influencer-Marketing herum. Wer auf den Plattformen Youtube und Insta­gram genau hinschaut, der entdeckt, wer hinter der Werbung steckt. Seriöse Influencer kennzeichnen Werbung und legen damit offen, dass etwa ein Gerätetest „gekauft“ ist.

Unterhaltung und Lehrinhalte ködern am besten

Die interessanteste Spielwiese für Influencer ist die Video-Plattform Youtube. Hunderttausende Klicks bringen die größten Angel-Kanäle auf ihre Videos, die oft im Wochentakt veröffentlicht werden. Größter Beliebtheit erfreuen sich Videos, die Inhalt mit Unterhaltungswert bringen: Der meistgesehene Angel-Youtube-Kanal Deutschlands, „Ich geh‘ angeln“, versteht sich beispielsweise als Angelshow, bei der „Lifestyle, Spaß und Authentizität wichtiger sein sollen als Theorie und nur große Fische“ (Zitat von ichgehangeln.de). 

Mit 244.000 Abonnenten und mittlerweile rund 68 Millionen Aufrufen ist Viktor Eraz’ Unterhaltungskanal mit Abstand der erfolgreichste in Sachen Angeln. Aber auch Tutorials und Technikvideos stehen ganz oben auf der Watchlist der deutschsprachigen Angler. Kanäle wie „Fishing King“ oder „Lieblingsköder“ bauen auf Videos mit Lehrinhalten: Köder- und Tacklewahl, Methoden, Gewässer- und Fischkunde – mit solchen Lehrvideos bringt es Fishing King auf rund 112.000 Abonnenten. Neben weiteren Big-Playern wie „Joshinator“, „Angeln Maximal“, „David Wenzel – Angeln like a boss“ sowie „Big Fish Media“ finden sich auch hunderte kleinere Youtuber, die mit ihren Angelerlebnissen ein Publikum von oft nur ein paar hundert Followern unterhalten. 

Während solche kleine Kanäle meist als Hobbyprojekte betrieben werden, steckt in den namhaften Kanälen professionelle Vollzeitarbeit von mehrköpfigen Teams. Rund eine Woche dauert die Produktion eines Youtube-Videos. Dafür erreichen die besten Videos aber auch Klickzahlen von knapp einer Million Views, (wie etwa „Weltrekord-Flussmonster“ von „Ich geh’ angeln“; siehe Screenshot als Titelbild dieses Beitrags). 

Brot und Spiele als lukrative Marketing-Möglichkeit

Diesen großen Aufwand nehmen Influencer natürlich nicht nur auf sich, um interessierten Anglern verregnete Nachmittage oder Schonzeiten zu verkürzen. Wie auch in vielen anderen Branchen hat das Influencer-Marketing herkömmliche Marketingmöglichkeiten überholt oder gar verdrängt. Viele bekannte Angelmarken setzen auf die Videos und Posts von bekannten Onlinern, um ihre Produkte zu platzieren und einer breiten Masse zu präsentieren. Mit dem großen Vorteil, dass diese Inhalte zielgruppengenau verbreitet werden. Gegen Bezahlung und zur Verfügung gestelltem Material verwenden, testen und loben die Protagonisten das Equipment der Kooperationspartner, was das Zeug hält. Wobei solche „Testungen“ naturgemäß meist nicht sehr objektiv ausfallen. Zusätzlich finden laufend Verlosungen von Ruten, Köderboxen, Rollen & Co. für die Fangemeinde statt. Damit werden die Zuseher bei Laune gehalten, weitere angeködert und der werbetreibende Hersteller erfreut sich weiterer Aufmerksamkeit. Das Prinzip Brot & Spiele funktioniert. 

Ein Best-Practice-Beispiel für angewandtes Influencer-Marketing ist „Zeck Fishing“: Nahezu jeder große deutsche Angel-Youtuber lässt sich mit Tackle, Köder und Bekleidung vom deutschen Hersteller filmen. Zecks eigner Youtube-Channel spielt mit über 43.000 Abonnenten selbst auch in der höchsten Youtuber-Liga mit. Für ein Interview mit dem Fischer Trend Report war man bei Zeck allerdings nicht zu haben. 

Community-Gedanke auf Instagram

Angel-Influencer arbeiten größtenteils crossmedial. Jeder Influencer mit einem gut laufenden Youtube-Kanal ist auch auf anderen sozialen Netzwerken aktiv. Instagram spielt dabei, speziell im Angelbereich, eine große Rolle. Der zu Facebook gehörende Onlinedienst stellt die optimale Plattform zum Verbreiten audiovisueller Inhalte dar und eignet sich daher besonders für Fangfotos, Angeltrip-Tagebücher und Microblogs zu Angelthemen. 

Community ist auf dieser Plattform das große Schlagwort: Die Influencer sind auf Instagram stark vernetzt, verlinken sich gegenseitig, liken einander und interagieren sogar in ihren Inhalten miteinander. Konkurrenzverhalten wird vom Community-Gedanken verdrängt. Auffällig in der Szene der Angel-Instagrammer ist, dass hier eine weit ausgewogenere Balance zwischen weiblichen und männlichen Darstellern zu erkennen ist als bei herkömmlichen Marketingmöglichkeiten. Die Instagram-Accounts von Anglerinnen wie Claudia Darga oder Babs Kijewski sind denen ihrer männlichen Kollegen an Followern meist sogar weit überlegen. Damit sind sie als Influencer für Werbetreibende mindestens ebenso attraktiv wie männliche Angler. 

Kleiner, aber aktiver Online-Markt in Österreich

Auf den ersten Blick könnte man meinen, dass die Sachlage rund um Youtube und Insta­gram in der österreichischen Angelszene eine ganz andere ist als in Deutschland. Sucht man in Österreich nach namhaften Angel-Youtube-Kanälen mit großen Abonnentenzahlen jenseits der 10.000er-Marke, wird man nicht fündig. Und doch gibt es auch in Österreich Angel-Youtuber beziehungsweise Instagrammer mit recht aktiven Channels. „Der deutsche und österreichische Youtube-Markt ist hier einfach nicht vergleichbar“, meint Danny Hubner, Produzent und Darsteller beim Youtuber-Team „Strikelovers“ und Westin-Teamangler. Die Community sei in Deutschland eine ganz andere als in Österreich, wo alles in einem kleineren Maßstab ausfällt. Weniger Gewässer, weniger Angler, weniger Firmen, daher auch weniger potenzielle Viewers auf Youtube. 

Aber Österreichs Online-Angel-Szene wächst. In den letzten Jahren stiegen die Klickzahlen und gesehene Minuten auf den wenigen österreichischen Kanälen, die aktiv bespielt werden, Tendenz immer noch steigend. Österreichs Angler konsumieren bevorzugt neben ihren deutschen Lieblingskanälen auch Videoproduktionen von ihren heimischen Gewässern: „80 Prozent unserer Viewer sind Österreicher, der Rest teilt sich auf Deutschland und ein paar Schweizer und ganz wenige andere auf“, so Hubner. Um in so einem kleinen Markt trotzdem zu guten Klickzahlen und Interaktionen zu kommen, setzen die Influencer auf gegenseitige Hilfe: Der eine Youtuber lädt den anderen zu sich ein, und nach gemeinsamer Angelsession veröffentlichen beide ein Video vom gemeinsamen Angeltag. Mit gegenseitiger Verlinkung versteht sich. 

Weniger Filmen, mehr Angeln

Johannes Höfner, Rapala-Teamangler aus Niederösterreich, versucht den engen österreichischen Markt zu nutzen, indem er seinen Fokus von den zeitintensiven Videoproduktionen für Youtube auf die simplere Arbeit eines Instagram-Accounts verlegt: „Zwar kommen Videos besser an als Fotos, aber dafür ist mein Angeltag jetzt viel entspannter, und ich kann mich wieder auf’s Angeln konzentrieren. Keine Videoausrüstung mitschleppen, kein ständiges „hab’ ich jetzt wohl richtig gefilmt“. Die Arbeit auf Instagram gestaltet sich da eher simpel: Guten Fisch fangen, bestes Foto wählen, einen kreativen Text und Hashtags wählen und posten und das in regelmäßigen Abständen, um nicht aus dem Algorithmus zu fallen. Dazu beantworte ich noch Kommentare und Nachrichten“, erklärt Höfner seine Tätigkeiten in den sozialen Medien. Mehr über Johannes Höfner erfährst du im Beitrag „Wurf, Biss, Drill, Release und Schnitt!

Wo Angeln zum Entertainment wird

Dass das Thema Angeln kein Randthema in den Sozialen Netzwerken mehr ist, zeigte im Sommer 2020 der deutsche Entertainer und Live­streamer „Knossi“ (Jens Knossalla). Gemeinsam mit dem Deutsch-Rapper Sido veranstaltete er „das Angelcamp“, einen 72-stündigen Livestream eines Angeltrips, an dem mehrere Prominente teilnahmen (unter anderem Angel-Influencer Joshinator und Claudia Darga). Die Liveübertragung stellte mit 300.000 Zuschauern auf der sonst unter Gamern beliebten Streaming-Plattform Twitch einen neuen Rekord unter Deutschlands Streamern auf. Spätestens mit diesem Event ist das Angeln im Online-Entertainment für die breite Masse angekommen und stellt somit auch über die Angelszene hinaus einen lukrativen Marketingmarkt dar.


Dieser Beitrag ist im Fischer Trend Report 2021 erschienen.