Querbauwerk am Kamp

Pro Flusskilometer ein Querbauwerk

von Redaktion

An Österreichs Flüssen findet sich durchschnittlich jeden Kilometer ein Querbauwerk. In Summe 28.000 Stück. Rund 450 davon haben keinen Nutzen. Der Rückbau hätte enormes ökologisches Potenzial.

Eine neue europaweite Studie des WWF (World Wide Fund For Nature) zeigt das enorme Potential des Rückbaus von Barrieren in Europas Gewässern. „Alleine in Österreich könnte man durch die Entfernung von 451 Barrieren fast 1.500 Kilometer an Flüssen wiederherstellen. Das ist dreimal die Entfernung zwischen Wien und Bregenz. Angesichts des schlechten Zustands der heimischen Gewässer muss der Rückbau dieser Barrieren rasch angegangen werden“, fordert Gerhard Egger, Gewässerschutz-Experte des WWF Österreich. EU-weit ließen sich durch die Entfernung von 7.360 Dämmen sogar rund 50.000 Kilometer Flüsse wieder in einen natürlichen Zustand bringen. „Die Entfernung von Barrieren ist eine schnelle, einfache und effiziente Art, belastete Flüsse zu sanieren. Binnen weniger Monate können sich Fischbestände und Wasserqualität wieder erholen“, erklärt WWF-Experte Egger.

Isel in Tirol ist einziger freifließender Fluss Österreichs

Im Rahmen der Studie wurden 30.000 Barrieren an größeren Flüssen in ganz Europa im Hinblick auf die Möglichkeit des Rückbaus und der damit verbundenen gewässerökologischen Verbesserung analysiert. Laut fundierten Schätzungen zerschneiden mehr als eine Million Barrieren wie Kraftwerke, Sohlschwellen und Wehre die europäischen Gewässer. Durch den hohen Ausbaugrad der Wasserkraft ist Österreich besonders stark betroffen. Ganze 28.000 Barrieren finden sich in den heimischen Gewässern. Kaum ein Fluss kann noch frei von der Quelle bis zur Mündung fließen – erfreuliche Ausnahme ist die Isel in Osttirol, die noch gänzlich unzerschnitten fließt. Im Durchschnitt wird jeder andere Fluss in Österreich alle 900 Meter unterbrochen, mit katastrophalen Folgen für die Fauna und Flora, aber auch für die Funktionsfähigkeit der Flüsse: 60 Prozent der heimischen Gewässer weisen derzeit keinen guten ökologischen Zustand auf.

Die Isel ist eines der letzten frei fließenden Gewässer Österreichs, da sie kein Querbauwerk hat. (Foto: Renate Hölzl)
Die Isel ist eines der letzten frei fließenden Gewässer Österreichs. (Foto: Renate Hölzl)

Die EU-Biodiversitätsstrategie gibt deshalb das ambitionierte Ziel vor, dass bis 2030 25.000 Kilometer Flüsse in Europa durch die Entfernung von Dämmen wiederhergestellt werden. „Das ist nur die Hälfte des in der Studie erhobenen Potentials und damit ein machbares Unterfangen. Die Zahl der belastenden Querbauwerke muss rasch reduziert werden, dafür braucht es einen Abrissplan bis 2030“, sagt WWF-Experte Egger. Die Neuauflage des Nationalen Gewässerbewirtschaftungsplans, den Österreich bis Jahresende ausarbeitet, wäre dafür ein geeigneter Anlass.

Kraftwerk Rosenburg am Kamp ist ein Abrisskandidat

Die genannten 451 Barrieren in Österreich werden in der Studie in 13 sehr aussichtsreiche und 438 aussichtsreiche Objekte unterteilt. Mit deren Entfernung könnten zusammen fast 1.500 Kilometer Flüsse wiederhergestellt werden. Ein konkretes Beispiel, das in der internationalen Studie auch angeführt wird, ist das völlig veraltete Kraftwerk Rosenburg am Kamp in Niederösterreich. „Durch die Entfernung der Wehranlage könnte eine einmalige, viele Kilometer lange Flusslandschaft mitten in einem Landschafts- und Europaschutzgebiet wiederbelebt werden. Der Benefit durch eine derartige Flusssanierung wäre ein enormer Gewinn für die gesamte Region“, sagt WWF-Experte Gerhard Egger.

Podcast: Zukunft unserer Gewässer

Heute ist nicht alles schlechter, was Fische und Gewässer angeht. In der Podcast-Folge von Fisch Ahoi sprechen wir mit zwei Generationen über Kormoran, Fischbesatz, Kraftwerke und Klimawandel. Günther Unfer von der Universität für Bodenkultur in Wien (Boku) und Helmut Belanyecz vom Österreichischen Kuratorium für Fischerei und Gewässerschutz (ÖKF) erzählen über aktuelle Entwicklungen an Österreichs Gewässern und verraten ihre persönlichen Zukunftsprognosen.


Titelfoto: Kraftwerk Rosenburg am Kamp (Credit: WWF/Egger)
Presseaussendung des WWF Österreich