Klimawandel unter Wasser

Klimawandel unter Wasser

von Redaktion

Höhere Wassertemperaturen verschieben die Fischregionen und lassen invasive Arten, wie etwa die Schwarzmundgrundel, sprießen.

Der zweitwärmste Sommer der Messgeschichte liegt hinter uns, mit 2,7 Grad Celsius über dem Mittel wurde der Sommer 2019 nur noch vom Rekordsommer 2003 überboten. Die Zahl der Hitzetage (mindestens 30 Grad) lag um das Zwei- bis Dreifache über einem durchschnittlichen Sommer. Dazu kamen unterdurchschnittliche Niederschlagsmengen und lange Niederwasserperioden in den Flüssen. Der Klimawandel dominierte die Medien. Auch unter Wasser ist er längst in vollem Gange und zeigt seine Auswirkungen auf verschiedenste Weise. 

Verschiebung der Fischregionen 

Fließgewässer lassen sich bekannterweise in Abschnitte mit charakteristischer Fischfauna, die sogenannten „Fischregionen“ (Forellen-, Äschen-, Barben- und Brachsenregion) unterteilen. Dabei ist die Wassertemperatur eine entscheidende Einflussgröße. So unterscheiden sich die einzelnen Fischregionen in ihrer mittleren Temperatur nur um etwa 1,5 Grad Celsius. 

Erwärmt sich ein Gewässer durchschnittlich um diesen Wert, kann es zu einer Verschiebung der Fischregionen und damit der Artengemeinschaften kommen. Modellberechnungen haben ergeben, dass es bis 2050 zu einer Flussaufwärtsverschiebung der einzelnen Fischregionen von 40 bis 50 Kilometern kommen könnte.

Wels
Babywelse als Beifang werden in Zukunft häufiger an den Haken gehen.

Messdaten belegen, dass dieses Szenario durchaus realistisch ist. So hat die mittlere Lufttemperatur seit Mitte der 1970er-Jahre um fast 1,5 Grad zugenommen. Bis 2050 wird ein weiterer Anstieg um ein Grad prognostiziert. Auch für manche Gewässer sind deutliche Erwärmungstendenzen dokumentiert. Datenanalysen von 76 Messstellen ergaben einen mittleren jährlichen Temperaturanstieg von insgesamt 1,23 Grad in den Jahren 1984 bis 2004 in oberösterreichischen Gewässern. In der Donau stieg die Jahresmitteltemperatur innerhalb des letzten Jahrhunderts um ungefähr 1,5 Grad Celsius.

Salmoniden in Gefahr

Besonders gefährdet durch den Temperaturanstieg sind heimische Salmoniden wie die Bachforelle, die Äsche, der Huchen oder auch der Seesaibling. Besonders im Osten Österreichs liegen die Sommertemperaturen in den Flüssen teilweise deutlich über den Optimalwerten für Bachforellen und Äschen. Längere Perioden mit Wassertemperaturen um die 28 Grad sind mittlerweile nicht mehr selten. Zum Vergleich: In der wissenschaftlichen Literatur wird für adulte Äschen und Bachforellen meist eine Temperatur um die 25 Grad als letale, also absolut tödliche Temperaturgrenze angegeben. Die Nahrungsaufnahme stellen beide Arten bereits bei Temperaturen über 19 Grad ein. Außerdem steigt bei erhöhter Wassertemperatur die Anfälligkeit für temperaturabhängige Fischkrankheiten, wie der PKD (Proliferative Kidney Disease; eine Nierenerkrankung; siehe Infokasten am Textende), welche zum fast völligen Zusammenbruch von Bachforellenbeständen führen kann. Die häufiger werdenden Winterhochwässer, bedingt durch starke Regenfälle im Winter, tragen dazu bei, dass in manchen Jahren ein Großteil der Bachforellenbrut verloren geht. 

Trocken
Sommerliche Trockenheit führt zu lang anhaltenden Niederwasser­perioden in den Flüssen.

Jüngste Fischbestandsuntersuchungen zeigen bereits einen deutlichen Rückgang der Bachforelle in Gewässern des Alpenvorlands und der östlichen Flach- und Hügelländer, wie dem Wienerwald und dem Weinviertel. Prognosen haben ergeben, dass die Bachforelle bis 2080 in weiten Teilen Osteuropas aussterben könnte. Wobei zu hoffen bleibt, dass sich einzelne lokale Stämme an die geänderten Bedingungen anpassen können. In Alpen- und Voralpenseen stellt sich die Problematik anders dar. Hier können sich durch den Temperaturanstieg die typischen Schichtungs- und Durchmischungsverhältnisse ändern, wodurch ebenfalls vor allem Kaltwasserarten bedroht sind. Kommt es aufgrund von längerer Sommerstagnation zur Ausweitung von sauerstoffarmen Zonen in der Tiefe, wird der Lebensraum für den Seesaibling eingeschränkt. In höhere Wasserschichten kann er nicht ausweichen, da hier konkurrenzstärkere Arten wie Renken (Reinanken), ihre bevorzugte Domäne haben. 

Cypriniden als Gewinner

Überall dort, wo Salmonidenbestände zurückgehen, profitieren stattdessen karpfenartige Fische wie Karpfen, Barben und Nasen und vor allem das Aitel, von den geänderten Bedingungen. Als wärmeliebende Spezies mit Laichzeiten im Frühjahr kommen sie besser mit den Folgen des Klimawandels zurecht. Die Barbenregion wird sich demnach deutlich flussaufwärts ausdehnen, die Äschenregion wird entsprechend kleiner. 

Äschen und Bachforellen bleibt nur der Rückzug in die kühleren Oberläufe der Flüsse. In etlichen Seeausrinnen, wie etwa der Traun bei Gmunden, zeigt sich schon jetzt eine deutliche Verschiebung der Fischartengemeinschaften von Salmoniden in Richtung Cypriniden. 

Grundel
Invasive Arten, wie die Schwarzmundgrundel, 
profitieren von der Klimaerwärmung.

In großen Flüssen wie der Donau sind andere wärmeliebende Arten wie der Wels oder der Wolgazander auf dem Vormarsch. Und nicht zuletzt kann auch die explosionsartige Vermehrung der eingeschleppten Schwarzmundgrundeln mit der Erwärmung der Donau in Zusammenhang gebracht werden. 

Auswege

Im Hinblick auf mögliche Gegenmaßnahmen muss man den Klimawandel immer auch im Zusammenhang mit anderen Faktoren betrachten. So wirken in den meisten Gewässern, in denen die Fischbestände schrumpfen mehrere Ursachen zusammen. Fischkrankheiten, Fraßdruck durch Prädatoren, übermäßige Wasserentnahmen, Gewässerregulierungen und Kraftwerksbauten sind nur einige davon. Fische suchen sich Bereiche mit optimalen Temperaturen selbst, wenn man sie lässt. Die Passierbarkeit von Sohlstufen, Wehranlagen und Kraftwerken ist also schon alleine darum von essentieller Bedeutung. 

An kleineren und mittelgroßen Fließgewässern ist eine ausreichende Beschattung durch Bäume und Ufergehölze wichtig. Dadurch kann die Wassertemperatur um mehrere Grade gesenkt werden. Leider scheitert der Erhalt der Ufervegetation meist an der Haftungsfrage im Hochwasserfall. Im Trend liegt dagegen bei regulierten Fließgewässern der Einbau von kurzen Buhnen, welche einen pendelnden Flusslauf mit Kolk-Furt-Strukturen hervorrufen. Untersuchungen haben gezeigt, dass in solchen Strukturen oft Grundwasserzutritte aus der Gewässersohle stattfinden und dadurch Bereiche mit kühlerer Wassertemperatur entstehen. 

Bei Hitzeperioden im Sommer kann so das eine oder andere Fischsterben verhindert werden. 

Das ist PKD
Diese Nierenkrankheit wird durch Parasiten übertragen und führt beim Fisch (vorwiegend sind Salmoniden betroffen) zu inneren Entzündungen. Ab einer Wassertemperatur von etwa 15 Grad ist die Sterblichkeitsrate hoch. PKD kann auch über Besatzfische, Bekleidung (Wathose) und Fischereiausrüstung von einem Gewässer zum anderen übertragen werden. Daher bitte die Ausrüstung beim Gewässerwechsel desinfizieren! Das kann entweder durch gutes Trocknen (Ausrüstung am besten mehrere Tage in die Sonne hängen) oder durch den Einsatz von Desinfektions­mittel wie etwa „Virkon S“ erfolgen.


TEXT: Stefan Winna (gewaesserpaedagogik.at)
FOTOS: Stefan Winna
Aufmacherfoto: Bachforelle aus der Region Wienerwald. Wegen des Klimawandels bald ein seltener Anblick?

Dieser Beitrag ist im Fischer Trend Report 2020 erschienen.