Dam Removal

Dam Removal: Weg mit den Dämmen!

von Gastautor

In Europas Flüssen gibt es mit einer Million Barrieren weltweit die meisten Hindernisse für die Wanderung von Fischen. Die Kampagne Dam Removal wirbt für die Beseitigung nicht genutzter Bauwerke.

In den europäischen Flüssen gibt es rund 1,2 Millionen Querbauwerke; das hat eine große Gruppe von Forschern im Jahr 2020 aufgrund von zahlreichen Daten und Berechnungen festgestellt. Eine große Hilfe war dabei die von der EU geförderte Plattform AMBER für das Management von Stauanlagen in europäischen Flüssen (AMBER bedeutet Adaptive Management of Barriers in European Rivers, also anpassungsfähiges Management von Stauanlagen in europäischen Flüssen).

Dämme und Wehre als Altlasten

68 Prozent der Barrieren sind weniger als zwei Meter hoch und werden deshalb bei Erfassungen oft übersehen. Viele Dämme, Schleusen, Wehre und Furten sind veraltet und gar nicht mehr in Gebrauch. Nichts desto trotz fragmentieren sie die Flüsse, behindern die Wanderung von Fischen und anderen Organismen sowie den Transport von Sedimenten (Geschiebe). Die meisten Hindernisse bestehen in Zentraleuropa, halbwegs durchgängige Flüsse gibt es nur mehr am Balkan, in den Baltischen Staaten, in Teilen Skandinaviens und in Südeuropa. Die Kampagne Dam Removal Europe, die von der World Fish Migration Foundation betrieben wird, setzt sich dafür ein, obsolete Fluss-Barrieren zu entfernen. Dafür werden Konferenzen und Workshops organisiert, Berichte von Dammabbrüchen gesammelt und Empfehlungen für die Umsetzung veröffentlicht. Die Entfernung von Barrieren scheitert oft am Geld, deshalb bietet die Kampagne auch Hilfe beim Crowd-funding für Removal-Projekte.

Schweden ist Dam Removal-Meister

Im Jahr 2020 hat man 101 große und kleine Fluss-Hindernisse entfernt. Details zu abgebrochenen Hindernissen der vergangenen 15 Jahre zeigt Dam Removal Europe auf seiner Website. Zu finden sind dort ein Beispiel vom Donau-Delta in der Ukraine, Beispiele aus Polen, Estland, Dänemark, den Niederlanden oder Belgien. Mit 37 entfernten Barrieren ist Schweden führend bei der Gesamtzahl, gefolgt von Großbritannien, Spanien und Frankreich mit je 15. Frankreich hat außerdem die bisher größte Sperre in Europa entfernt: Den 278 Meter breiten und 36 Meter hohen Damm des Wasserkraftwerks Vezins an der Sélune. In Deutschland wurden Hindernisse an der Lippe, im Krebsbach und am Herbringhauser Bach entfernt. In der Schweiz der Sihlpost-Damm in Zürich. Aus Österreich gibt es kein einziges Beispiel. Hier ist, wie auch am Balkan, der Bau neuer Dämme für die Wasserkraftnutzung geplant.

Nach 20 Jahren Verhandlungen und auf Druck von Naturschutzorganisationen wurde 2008 der vier Meter hohe Vilholt Dam in Dänemark abgerissen. Da der River Gudenaa in einen Fjord mündet, stellte der Damm ein unüberwindbares Hindernis für wandernde Lachse dar. (Foto: Jan Nielsen/Dam Removal)

Kleine Dam Removals mit großer Wirkung

Weil Dammabbrüche oft mit hohen Kosten und großen Widerständen der Betreiber und der ansässigen Bevölkerung einhergehen, sei es wichtig, strategisch vorzugehen, sagte Carlos Garcia de Leaniz von der Swansea University, einer der Forscher des AMBER-Projekts im Mai 2021 bei der Online-Konferenz „DamRemoval goes Alps“. Kleine Hindernisse zu entfernen sei billiger und werde leichter akzeptiert, bringe aber trotzdem viel für Fluss-Lebewesen. Die Europäische Union möchte bis zum Jahr 2030 25.000 Kilometer Flüsse wieder durchgängig machen. De Leaniz ermutigte die Bevölkerung, selbst aktiv zu werden und sich für die Befreiung der Flüsse einzusetzen. Das sei im übrigen die kostengünstigste Methode zur Renaturierung eines Flusses, heißt es bei Dam Removal.

Auf den folgenden Bildern siehst du den „Removal-Prozess“ des Vilholt Damms in Dänemark am River Gudenaa.

Recherchiert und verfasst von Sonja Bettel.
Titelfoto: Sind Damm in Estland (Foto: Dam Removal)