Dem Blei beim Angeln geht es an den Kragen. Denn auf EU-Ebene hat man sich auf das Schwermetall gehörig eingeschossen und diskutiert ein Bleiverbot.
Birnenblei, Jigkopf oder Bleischrot – was heute in unseren Zubehörboxen völlig normal ist, könnte schon bald nicht mehr legal sein. Die Europäische Chemikalienagentur (European Chemicals Agency, kurz: ECHA) diskutiert bereits seit Juli 2019 über die Risiken bei der Verwendung von Blei im Rahmen der Freizeitfischerei in Europa. Im November 2020 gab es dazu einen virtuellen runden Tisch mit Vertretern der Angelgerätehersteller, Fischereiverbände und des Handels.
Dänemark und UK als Vorreiter
Neu ist die Idee aber nicht. Einige Mitgliedsstaaten der Europäischen Union wie beispielsweise Dänemark und Schweden sowie das kürzlich ausgetretene Vereinigte Königreich haben den Verkauf beziehungsweise die Verwendung von Blei beim Angeln bereits eingeschränkt. So gibt es in Dänemark seit 1998 ein Verkaufsverbot für Angelgeräte, die Blei enthalten. Auch in den USA gibt es ein Bleiverbot. Zumindest für alle Gewässer, die vom US Fish & Wildlife Service bewirtschaftet werden. Der Erlass wurde einen Tag vor Ende der Amtszeit von Präsident Obama unterschrieben und sieht vor, dass das Angeln mit Blei bis zum Januar 2022* erlaubt ist. Der Prozess zum Bleiverbot ist in der EU noch in einer frühen Phase. Grundlage ist eine Studie der ECHA aus dem Jahre 2018, die sagt, dass es ernstzunehmende gesundheitliche und umweltrelevante Risiken gibt, welche eine Verwendung von Blei für Jäger, Sportschützen (Schrot und Patronenkugeln), Angler (Gewichte und Köder) und Berufsfischer (Netze und Seile) in Frage stellt. Die ECHA schätzt, dass jedes Jahr zwischen 2.000 bis 6.000 Tonnen Blei durch das Angeln in die Gewässer der EU eingetragen werden.
In drei Jahren wird es ernst mit dem Bleiverbot
Derzeit erarbeitet die ECHA unter Beteiligung der verschiedenen Interessengruppen ein sogenanntes „Restriction Proposal“ – also einen Beschränkungsvorschlag. Das finale Dokument soll im zweiten Quartal 2022* an die Europäische Kommission übergeben werden. Nach dem derzeitigen Stand plant die ECHA ein Verbot für den Verkauf und die Verwendung von Bleigewichten beim Angeln kleiner als 50 Gramm in drei Jahren; größer als 50 Gramm in fünf Jahren und ein sofortiges Verbot für Angeltechniken, bei denen Bleigewichte vorsätzlich verloren gehen („lead dropoff techniques“).
Selbst gießen ist ebenso pfui
Geschätzte 5.000 Tonnen Blei werden im Angelsektor jährlich in der EU verkauft, dazukommt noch eine unbekannte Menge von selbst gegossenen Bleibeschwerungen. Ein Viertel davon wird in der EU produziert, drei Viertel werden importiert. Ein Verkaufsverbot von bleihaltigen Beschwerungen und Ködern könnte Angler in Zukunft dazu bewegen, ihre Köder und Gewichte vermehrt zu Hause selbst zu gießen. Blei ist günstig zu erwerben, und es finden sich im Internet zahlreiche Anleitungen zum Selbergießen von Gewichten und beschwerten Haken (z. B. Jigköpfe) inklusive der notwendigen Gussformen. Eine Praxis, die laut ECHA enorme gesundheitliche Risiken birgt. Beim Erhitzen von Blei verdampfen Bleioxide, die von umstehenden Personen eingeatmet werden können. Dadurch können Schädigungen sowohl an Nervensystemen, Hirn, Niere als auch der Leber entstehen. So sind bereits 2017 die Sets zum Bleigießen zu Silvester aus dem Handel verschwunden. Im April 2018 traten neue Bleigrenzwerte in der EU in Kraft. Diese werden durch die europäische Chemikalienverordnung festgelegt. Außerdem gibt es seit 2018 auch eine neue Verordnung zu Blei in Spielzeug. Davon betroffen sind Fingerfarben, Buntstifte und Wasserfarbkästen. Bisher waren bleihaltige Produkte beim Angeln von dieser Regelung ausgenommen.
Fazit zum Bleiverbot
Ein mögliches zukünftiges Verbot für die Verwendung von Blei sollte mit einer breiten Akzeptanz unter Anglern mit einer Übergangsphase einhergehen. So gab es bereits im Juni 2015 eine freiwillige Selbstverpflichtung der European Tackle and Trade Association (EFTTA) bis zum Jahr 2020 alternative Produkte zu verwenden, insofern diese schwerer als 0,06 Gramm sind. Es bedarf einer gemeinsamen übergreifenden Anstrengung von Geräteherstellern, Handel, Fachpresse, Influencern, Verbänden und Vereinen, mehr alternative Produkte zu entwickeln und die Angler für das Thema zu sensibilisieren. Alle Beteiligten sollten ausreichend Zeit haben, sich auf ein mögliches Verkaufs- bzw. Verwendungsverbot von Blei beim Angeln in der EU einzustellen.
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*Dieser Artikel ist im Fischer Trend Report 2022 erschienen. Erhältlich am Kiosk, in diversen Angelläden, bei Messen oder einfach online bestellen.
Titelfoto: Guillaume Perigois/Unsplash